Ja. – So das BAG mit Urteil vom 24.02.2022 (Az.: 6 AZR 333/21).
Die klagende Arbeitnehmerin hatte den zwischen ihr und ihrem Arbeitgeber geschlossenen Aufhebungsvertrag wegen widerrechtlicher Drohung angefochten.
Hintergrund des Aufhebungsvertrages war der Vorwurf, dass die als Teamkoordinatorin Verkauf angestellte Klägerin unberechtigt Einkaufspreise im elektronischen System der Beklagten geändert bzw. reduziert haben soll, um den Eindruck eines höheren Verkaufsgewinns zu erwecken. In einem Personalgespräch zwischen der Klägerin, dem Geschäftsführer ihres Arbeitgebers und einem hinzugezogenen Rechtsanwalt wurde der Klägerin der gegenständliche Aufhebungsvertrag angeboten und von dieser angenommen, demnach das Arbeitsverhältnis einvernehmlich beendet werden solle.
Die Klägerin focht im Nachgang mit ihrer Klage die Wirksamkeit des Aufhebungsvertrages an, da ihr für den Fall der Annahmeverweigerung eine außerordentliche Kündigung und die Erstattung einer Strafanzeige in Aussicht gestellt worden seien. Ebenfalls sei ihrer Bitte um Bedenkzeit und rechtlicher Überprüfung nicht nachgekommen worden, wodurch die Beklagte gegen das Gebot fairen Verhandelns verstoßen habe.
Das BAG wies die Klage allerdings zurück, denn ob ein Aufhebungsvertrag unter Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns zustande gekommen sei, sei anhand der Gesamtumstände der konkreten Verhandlungssituation im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden. Alleine der Umstand, dass der Arbeitgeber den Abschluss eines Aufhebungsvertrags von der sofortigen Annahme seines Angebots nach § 147 Abs. 1 S. 1 BGB abhängig mache, stelle für sich genommen keine Pflichtverletzung gemäß § 311 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB dar, auch wenn dies dazu führt, dass dem Arbeitnehmer weder eine Bedenkzeit verbleibt noch er erbetenen Rechtsrat einholen könne.
Außerdem fehle es an der Widerrechtlichkeit der von der Klägerin behaupteten Drohung. Bei dem zugrundeliegenden Sachverhalt durfte der Arbeitgeber nämlich durchaus eine außerordentliche fristlose Kündigung in Erwägung ziehen. Zudem sei auch eine strafrechtliche Bewertung der Handlung der Klägerin nicht ausgeschlossen.
Aus der Entscheidung des BAG folgt, dass eine Verletzung des Gebots fairen Verhandelns nur in Ausnahmefällen angenommen wird. Folgerichtig wurde im vorliegenden Fall kein Verstoß festgestellt, denn der Arbeitnehmerin blieb die Wahl, dass ihr unterbreitete Angebot ablehnen zu können.
Sollten Sie als Arbeitnehmer*in oder Arbeitgeber*in mit einem Aufhebungsvertrag in Berührung kommen, empfiehlt es sich regelmäßig, den (Gesprächs-)Verlauf zu dokumentieren und einen arbeitsrechtlichen Rechtsrat einzuholen.
Jennifer Schild Hubert Beeck
Rechtsanwältin Rechtsanwalt
Sarah Kieczewsky
Cand. Iur