Der Bundestag hat infolge einer Beschlussempfehlung (BT-Drs. 19/18129) und eines Berichtes (BT-Drs. 19/18158) des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz eine Gesetzesinitiative zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht eingebracht (Bundestagsdrucksache 19/18110), welche am 25. März 2020 im Bundestag in 1., 2. und 3. Lesung besprochen und beschlossen wurde.
Hierbei handelt es sich um ein sogenanntes Mantelgesetz, dass in Ausnahmefällen während der COVID-19-Pandemie besondere Rechte für Verbraucher regelt.
Nachfolgend erläutern wir im Einzelnen, welche Neuerungen dieses Gesetz in den verschiedenen Rechtsbereiche mit sich gebracht hat.
- Insolvenzrecht
Zunächst wurde die Pflicht zur Insolvenzantragstellung unter Einhaltung bestimmter Voraussetzungen bis zum 30. September 2020 ausgesetzt. Bei zwischen dem 28. März 2020 und dem 28. Juni 2020 gestellten Gläubigerinsolvenzanträgen setzt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens voraus, dass der Eröffnungsgrund bereits am 1. März 2020 vorlag. Für die Zeit der Aussetzung wird das Zahlungsverbot derart gelockert, dass den jeweiligen Betrieben die Aufrechterhaltung des ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebs ermöglicht wird.
Dies gilt dann nicht, wenn die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus (COVID-19-Pandemie) beruht oder wenn keine Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.
Auch die Insolvenzanfechtungsrechte werden deutlich eingeschränkt. Hiervon ist insbesondere die Rückzahlung von im Aussetzungszeitraum neu bewilligten Krediten umfasst. Aber auch andere kongruente (hierunter versteht man die Anfechtung von Handlungen, die einem Gläubiger Befriedigung seines Anspruchs gewähren, etwa die Bezahlung eines Kaufpreises) und bestimmte inkongruente Deckungen (dies sind Sicherungen oder Befriedigungen des Gläubigers, auf die dieser in der gewährten Form keinen Anspruch hatte) sind unabhängig von der Art des zugrunde liegenden Vertragsverhältnisses eingeschlossen.
- Zivilrecht
Verbrauchern und Kleinstunternehmen werden bestimmte Leistungsverweigerungsrechte eingeräumt. Beispielsweise können Vermieter ein Mietverhältnis über Grundstücke oder über Räume nicht allein aus dem Grund kündigen, dass der Mieter im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht.
Bei Verbraucherdarlehensverträgen, die vor dem15. März 2020 abgeschlossen wurden, gilt, dass Ansprüche des Darlehensgebers auf Rückzahlung, Zins- oder Tilgungsleistungen, die zwischen dem 1. April 2020 und dem 30. Juni 2020 fällig werden, mit Eintritt der Fälligkeit für die Dauer von drei Monaten gestundet werden, wenn der Verbraucher aufgrund der durch Ausbreitung der COVID-19-Pandemie hervorgerufenen außergewöhnlichen Verhältnisse Einnahmeausfälle hat, die dazu führen, dass ihm die Erbringung der geschuldeten Leistung nicht zumutbar ist.
- Gesellschaftsrecht
Hier wurden Erleichterungen bei der Fassung von Beschlüssen durch Organe von Kapitalgesellschaften, Genossenschaften, Vereinen und Wohnungseigentümergemeinschaften geschaffen, damit die derzeitigen Versammlungsverbote nicht zur Einschränkung oder gar zum Wegfall der Handlungsunfähigkeit führen. Für Publikumsgesellschaften (AG, KGaA, SE) wird durch das Gesetz sogar ermöglicht, die Hauptversammlung 2020 rein virtuell abzuhalten.
- Inkrafttreten
Die Regelungen im Insolvenzrecht treten rückwirkend zum 1. März 2020 in Kraft; die Änderungen im Zivilrecht (einschließlich Miet- und Darlehensrecht) zum 1. April 2020. Die Änderungen im Gesellschaftsrecht treten mit dem Tag nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft.
Gerne stehen wir Ihnen für ergänzende Rückfragen oder bei Beratungsbedarf telefonisch oder per E-Mail zur Verfügung.